Während ich mir „Ja, meine Kindheit war die Hölle“ eingestehe, kullern Tränen über meine Wangen. Als ich es meiner Mutter vor’m Schlafengehen am Telefon sage, noch mehr als vergangene Woche auf der Couch bei meinem Psycho-Doc. Am anderen Ende wird es immer stiller und ich spüre, wie sehr sie meine Worte treffen.
Essen ist für mich ab und zu ein bisschen wie ein Konzert. Ob alles glatt läuft, hängt von vielen, verschiedenen Faktoren ab. Oft ist es zum Glück nur ein kurzes Stolpern und man kommt wieder rein, aber manchmal läuft es völlig aus dem Ruder, dann heißt es: „Neustart und Update“.
Ihr Lieben,
seit ich mich – zumindest vorläufig – mit dem Brief in der Silvesternacht von meiner Essstörung verabschiedet habe, passiert mir jetzt genau das, was sonst nur genervtes Augenrollen bei mir erzeugt hat. Sagte früher jemand zu mir: „Jana, ich vergesse ganz oft, etwas zu essen“, hat das bei mir ein völliges Unverständnis hervorgerufen. Um ehrlich zu sein, sogar fast schon Wut.
Während ich die Speisekarte im Café Hilde durchblättere, läuft mir das Wasser im Mund zusammen. Nicht, weil ich Hunger hätte. Nein, nach einer großen Schüssel Porridge mit Krokant um 07:30 Uhr, einem Mandelhörnchen um 08:30 Uhr und dem großen Nougatring auf dem Weg zum Hilde, müsste ich eigentlich randvoll sein. Bin ich auch, und trotzdem kann ich mich nicht bremsen.
Ich dachte eigentlich, dass ich relativ entspannt war. Also so entspannt, wie man vor seinem ersten Termin beim Psychologen überhaupt sein kann. Als ich dann in der U9 Richtung Rathaus Steglitz meinen Unvergleichlich-Beutel vergessen habe und fast in Tränen ausgebrochen bin, wurde mir mit einem Schlag klar, dass meine Nerven doch angespannter waren, als ich mir eingestehen wollte.